Hafenpost

Du kommst hier (nicht) rein
#Beschäftigte & Sicherheit|  7 Min.

Du kommst hier (nicht) rein

Wer in den Emder Binnenhafen will, muss durch eine unserer Schleusen. Diese bedienen unsere Kollegen im Port Office. Einer davon ist Hanno Hartmann.

Bei schönstem Wetter machen wir uns im Juni auf nach Emden. Unser Ziel: die große Seeschleuse. Hier empfängt uns Hanno Hartmann. 33 Jahre alt, seit 2022 Schleusenaufseher in Emden. Viel Zeit für Smalltalk hat er nicht. Für uns geht es direkt rein in den Betrieb, denn eine Schleusung ist gerade in vollem Gange.

 

 

 

 

 

Wie läuft so eine Schleusung ab?

Einfach ein paar Knöpfchen drücken? Hanno lacht: „Im Prinzip ja. Bevor überhaupt geschleust wird, funken die Schiffe bei mir durch. Wir schleusen natürlich nicht für jedes Segelboot, denn für diese gibt’s gesonderte Schleusenzeiten. Dann können wir mehrere Sportboote gleichzeitig schleusen, damit sich das Ganze auch lohnt. Dies läuft in der Regel über die Nesserlander Schleuse.“ Die See- und Binnenschiffe werden nicht an festen Zeiten geschleust, sondern dann, wenn es nötig ist. Dafür wird, je nach Größe des Schiffes, die Große Seeschleuse oder die Nesserlander Schleuse genutzt.

„Dann geht’s los. Als erstes darf sich natürlich niemand mehr auf den Schleusentoren bzw. der Brücke befinden. Daher muss ich entweder warten, bis alles frei ist. Oder ich muss Ansagen machen und beispielsweise Fußgänger bitten, sich zu entfernen. Danach kann ich die Überfahrt sperren. Erst wenn wirklich sichergestellt ist, dass sich niemand mehr in der Nähe der Schleuse befindet, kann ich das Schleusentor öffnen oder die Brücke heben. Je nachdem, in welche Richtung geschleust wird, müssen die Umläufe (Schütze) geöffnet werden, damit – je nach Tidestand - der richtige Pegelstand zum Hafen oder zur See erreicht wird. Wenn das der Fall ist, können die Schiffe einfahren. Dann wird das Schleusentor wieder geschlossen, die Schranken werden geöffnet und der Verkehr auf dem Schleusentor bzw. der Brücke kann weitergehen. Nun beginne ich erneut den Ausgleich in die Richtung, in die die Schiffe ausfahren möchten. Ist der Ausgleich hergestellt, sperre ich wieder die Überfahrt, nachdem ich sichergestellt habe, dass sich keine Passanten etc. auf der Schleusenüberfahrt befinden. Nun fahre ich auch das andere Schleusentor auf und die Schiffe können ausfahren. Und dann geht das ganze Spiel wieder zurück: Die Tore werden geschlossen, die Schranken hochgefahren und der normale Verkehr kann über die Schleusentore weitergehen.“

 

 

 

Geschafft

Die Schleusung ist durch, Zeit für uns, uns einmal umzuschauen. Hanno arbeitet in der sogenannten Hafenbetriebszentrale direkt an der Großen Seeschleuse. Ein schickes, modernes Gebäude. Gläserfronten zu (fast) allen Seiten: links, rechts und natürlich nach vorn auf die Schleuse. So behält er alles im Blick. Falls er aber genauer schauen (oder rufen) muss, kann er auch raus auf den „Balkon“. Drinnen gibt’s viel Technik. Sechs Monitore die insgesamt 24 Kameras zeigen, hängen von der Decke. Zusätzlich gibt’s noch 15 weitere Bildschirme auf den insgesamt drei Schreibtischen, die vor ihm stehen. Das ist aber nicht alles. Telefon, Sprechanlagen und so viele Knöpfe, die wir gar nicht alle zählen können. All dass hat Hanno im Blick und managet nicht nur den Betrieb der Großen Seeschleuse, sondern auch der Nesserlander Schleuse.

Puh, ganz schön viel, oder? Das sieht Hanno ganz gelassen. „Auf den ersten Blick ist das sicherlich viel. Aber wenn man einmal drin ist, sind das automatische Prozesse. Dann ist das wie Auto fahren. Man weiß, welcher Knopf für was da ist und macht das ganz automatisch.“ Das mag sein. Aus unserer Sicht ist es trotzdem eine große Leistung. Wenn’s eng wird, ist allerdings der Nautiker vom Dienst (NvD) nicht weit weg. „Wir unterstützen uns wo wir nur können, aber der Nautiker hat natürlich seinen eigenen Aufgabenbereich. Nur wenn hier richtig viel los ist und wir beide Schleusen gleichzeitig fahren müssen, springt er ein und unterstützt mich bei meiner Arbeit. Jetzt ist es ja ruhig.“

 

Reger Betrieb

Aus unserer Sicht, ist jetzt schon viel los. Neben einigen Schleusungen, die er während unseres Interviews durchführen muss, gibt’s auch viel zu klären. Es ist reger Betrieb in seinem „Büro“: der Leiter des Port Office, Hafenwärter, PFSO und viele andere Kollegen kommen vorbei und stimmen sich mit ihm oder dem NvD ab. Trotzdem schafft es Hanno bei der Geräuschkulisse auch immer ein Ohr beim Funk zu haben und unsere Fragen sehr ausgiebig und detailliert zu beantworten. Wir merken also schnell: Für diesen Job muss man sich gut konzentrieren können und darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ein gewisses Maß an Stressresistenz ist auch nicht verkehrt.

Im Port Office arbeiten übrigens vier Schichten. Eine Schicht besteht aus einem Schleusenaufseher, dem NvD der auch gleichzeitig der Schichtleiter ist, ein Hafenkontrolleur, ein Elektriker und zwei Festmacher. Warum Festmacher? „Bei großen Seeschiffen ist die Gefahr eines Unfalls in der Schleuse einfach zu groß. Die werden von den Kollegen festgemacht, damit die Schleusung sicher durchgeführt werden kann.“

Einer seiner Hauptjobs, die er neben dem Schleusen bewältigt, ist das Pflegen von Statistiken. Er erfasst wann geschleust wurde und mit welchen Schiffen. Bei der Schleusung muss er auch Unfälle verhindern. Die Schiffe müssen so angeordnet sein, dass alles gut passt und optimal verteilt ist. „Da muss ich schon manchmal Ansagen machen, falls ein Boot etwas weniger gut liegt.“

Und der nächste Funkspruch kommt. Diesmal aus einer ganz anderen Ecke des Raumes. „Das ist unser Elektriker. Er muss eben in das Schleusentor und dort Arbeiten verrichten. Das sehe ich von hier natürlich nicht, deshalb gibt er mir Bescheid, dass ich jetzt die Tore nicht fahre. Sonst würde das nicht so gut für ihn ausgehen,“ erklärt er uns.

 

Vom Bauhof in die Schleuse

Hanno muss also nicht nur oberhalb der Schleuse alles im Blick haben, sondern auch unterhalb. Ein sehr verantwortungsvoller Job. Wie ist er eigentlich dazu gekommen? „Ich bin schon seit meiner Ausbildung bei NPorts. Mein ursprünglicher Ausbildungsbetrieb musste leider geschlossen werden, weswegen ich meine Ausbildung zum Tischler dort nicht beenden konnte. Bei NPorts in Emden bin ich dann in die laufende Ausbildung eingestiegen und konnte sie auch erfolgreich abschließen. In Norden war dann eine Stelle als Tischler frei, worauf ich mich beworben hatte. Ich arbeitete also von April 2011 bis September 2022 in Norddeich. Dann wurde ein Mitarbeiter für die Schleuse in Emden gesucht. Da mein Wohnort nur neun Kilometer von hier entfernt ist, kann ich mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren und muss nicht mehr ins Auto steigen. Außerdem bin ich privat dem Wassersport sehr nahe und hatte somit von der anderen Seite aus schon oft Kontakt mit dem Schleusen. Das war auch der Grund warum es mir leicht viel, mich dort zu bewerben. Und wie man sieht, hat es auch geklappt. Ich kann so viel mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Auch wenn wir hier im Schichtsystem arbeiten, bin ich doch schneller zu Hause.“

Vom Tischler zum Schleusenwärter, das macht man natürlich auch nicht einfach so. „Klar, war am Anfang alles eine neue Welt. Ich bin zu Beginn mitgelaufen und wurde Stück für Stück eingearbeitet. Es gab auch Weiterbildungen. Zum Beispiel musste ich einen Funkschein machen. Es gibt aber immer noch Dinge, die ich lernen muss. Mit meinem Schulenglisch komme ich hier nicht weit, daher muss ich mich auch ins nautische Englisch einarbeiten. Das macht mir aber auch sehr viel Spaß, denn ich kann mich weiterentwickeln und lerne etwas Neues.“

 

Teamwork

Und Spaß hat er sowieso beim Job. Es wird viel gelacht in der Hafenbetriebszentrale. Im Schichtbetrieb muss natürlich auch gegessen werden. „Wenn viel los ist, macht man das so nebenbei. Aber wir versuchen schon, dann auch mal zusammenzukommen und beispielsweise gemeinsam zu frühsticken.“ Da es an unserem Interviewtag „ruhiger“ war, durften wir das miterleben. Auch wenn die Kollegen immer mal wieder den Tisch verlassen mussten, konnten sie sich einfach mal zusammensetzen, durchatmen und ein Brötchen essen. In diesem Fall waren es Hanno, der NvD Keno und der Hafenkontrolleur Marco.  Die Stimmung war sehr gut und wir wünschen Hanno und allen Kolleg*innen vor Ort, dass das so bleibt. :-)

 

 35         von: Katja Mädler

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