Wie Waggons in Brake vom Schiff aufs Gleis kommen

In der Nacht zu Mittwoch hat die MV „Tian You“ 48 Eisenbahnwagen in den Braker Hafen gebracht. Ein solcher Vorgang bedarf einer guten Vorbereitung, präziser Abstimmungen und einer besonderen Hafeninfrastruktur.

Der Braker Hafen ist bekannt dafür, Produkte von A (Agrarprodukte wie Getreide und Futtermittel) bis Z (Zellulose) umzuschlagen. Er ist Europas größter Speiseölproduktionsstandort, unerlässlich für die regionale und überregionale Versorgung mit Futtermitteln und Getreide und als multifunktionaler Spezialhafen Drehscheibe für Massengüter und Projektladung.

Eine solche Projektladung brachte zum Beispiel in der Nacht zu Mittwoch, 4. September, die MV „Tian You“ der Reederei Cosco. Es handelt sich um 48 Eisenbahnwagen für Pkw-Transporte, die im Braker Hafen zu 24 Doppelwaggons zusammengebaut, auf die Schiene gesetzt und von dort aus in das deutsche Schienennetz geschickt werden.
 

Moderne und vielseitige Infrastruktur

Damit das möglich ist, bedarf es einer besonderen Hafeninfrastruktur. Dazu zählt zum einen der Liegeplatz, an dem die MV Tian You mit einer Länge von rund 190 Metern Länge und 28 Metern Breite anlegen kann. Auch braucht es eine Liegewanne, die ausreicht, dem Schiff mit einem Tiefgang von bis zu 11,90 Metern – die MV Tian You hat einen Tiefgang von 11,0 Metern – sowohl bei Hoch- als auch Niedrigwasser ausreichend Puffer zwischen sich und dem Wesergrund zuzusichern. NPorts sorgt dafür, dass die erforderlichen Wassertiefen in der Liegewanne stets bestehen bleiben. Und natürlich muss der Kai in der Lage sein, schwere Krane und die von ihnen bewegten schwere Lasten tragen zu können.

All diese Voraussetzungen hat der 2009 gebaute und 2012 erweiterte Niedersachsenkai. Mit seiner Länge von rund 450 Metern bietet er zwei Großschiffen Platz. Er ist schwerlastfähig, es sind punktuell Belastungen durch Hafenmobilkrane von bis zu 2800 Kilonewton/Quadratmeter möglich. Schwere, massive und voluminöse Eisen- und Stahlprodukte und besondere Güter wie Maschinen, Lokomotiven oder Eisenbahnwaggons können somit über diese NPorts-Anlage umgeschlagen werden.

 

Aufgaben des Port Offices

Als Hafenbetreiberin ist NPorts verantwortlich für die Vergabe der Liegeplätze. Wie jedes andere Schiff, das den Hafen anlaufen möchte, hat auch die MV Tian You ihre Ankunft dem Port Office vorangekündigt. Schiffsdaten wie Größe, Tiefgang, Herkunft und Ladung werden übermittelt. Zudem erhält das Port Office von den Umschlagsunternehmen Listen mit den gewünschten Liegeplätzen. Anhand all der Daten prüft der Nautiker vom Dienst (NvD) den Schiffsverkehr im Hafengebiet und führt, falls nötig, Anpassungen in Absprache mit allen Beteiligten durch. 
Die genaue Ankunftszeit eines Schiffes wird spätestens eine Stunde vor Erreichen des Hafengebietes vom Schiff bestätigt, so ist es auch im Fall der MV Tian You gewesen.

Etwa eine halbe Stunde vor dem Einlaufen des unter chinesischer Flagge fahrenden Schiffes haben sich zwei NPorts-Hafenwärter sowie zwei NPorts-Bauhofmitarbeiter auf den Weg zur Kaianlage gemacht, um das Schiff sicher und ordnungsgemäß am Liegeplatz zu vertäuen. Ob bei Regen, Sonnenschein oder auch mitten in der Nacht: An 365 Tagen im Jahr gewährleisten die NPorts-Beschäftigten rund um die Uhr den Betrieb am Hafen.

Das Schiff ist von den NPorts-Beschäftigten jeweils vorn und achtern mit sechs Leinen sicher am vorbestimmten Liegeplatz vertäut worden. Muskelkraft, hohe Konzentration und Verantwortungsbewusstsein sind hier gefordert. gefordert. Während der Entladung der Waggons durch das Umschlagunternehmen J. Müller kann sich die MV Tian You ans Trinkwassersystem anschließen lassen. Auch um die Müllentsorgung gemäß dem weltweit gültigen Umweltabkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) kümmern sich die NPorts-Beschäftigten, indem sie die erforderlichen Entsorgungsmöglichkeiten sicherstellen.

Damit die MV Tian You am internationalen Seeverkehr teilnehmen kann, ist es erforderlich, dass sie und auch die Hafenanlagen, die sie nutzt, den Anforderungen des ISPS-Codes entsprechen. Ziel dieses Codes ist es, die Gefahrenabwehr bei Schiffen und Hafenanlagen sicherzustellen und das Risiko von beispielsweise Terrorakten und Piraterie zu mindern. Der Zugang zum Hafen wird deswegen landseitig durch Zaunanlagen und Tore kontrolliert. Wasserseitig sichern Kameras den Hafen vor unbefugtem Zutritt.
 

Waggons gehören auf die Schiene

Der Zusammenbau der 24 Doppelwaggons erfolgt voraussichtlich ab Freitag, 6. September 2024, auf einer der vielen Lagerflächen des Hafens. Anschließend werden die Waggons aufgegleist, also auf das Gleis gestellt. In Brake hat NPorts rund 33 km Hafenbahngleise und 100 Weichen, durch die das gesamte Hafengelände per Bahn erreichbar ist. Normalerweise sind die Eisenbahnverkehrsunternehmen dafür zuständig, einen Zug für die Nutzung des bundesweiten Schienennetzes anzumelden. Da aber die importieren Waggons noch keinen Zug darstellen – schließlich bilden sie erstmalig im Hafen nach ihrem Zusammenbau einen Zug – übernehmen die NPorts-Hafenbahndisponenten den erforderlichen Anmeldeprozess.

Nach der mehrtägigen Montage und Bearbeitung übernehmen die Disponenten bei der Abholung der Waggons die Prüfung der elektronischen Weichenstellanlagen, damit sie störungsfrei genutzt werden können. Schließlich bereiten die Disponenten alles vor, so dass die Waggons zum bestellten Zeitpunkt von einem Dienstleister sicher aus dem Hafen gezogen werden können. Insbesondere achten sie darauf, dass keine anderen Züge diesen Vorgang behindern und nach der Ausfahrt aus dem ISPS-Bereich die Tore wieder sicher verschlossen sind.

Schon bald wird sich das Prozedere am Braker Hafen wiederholen: In den kommenden acht Wochen legen erneut zwei mit Eisenbahnwagen beladene Schiffe an, die sich auf die routinierte und professionelle Unterstützung durch die NPorts-Beschäftigten sowie die Dienstleistungen des Umschlagunternehmens J. Müller verlassen können.
 

 

Fotos:
Projektladung im Hafen Brake: Die Entladung von insgesamt 48 Eisenbahnwagen für Pkw-Transporte bedarf einer guten Vorbereitung, präziser Abstimmungen und einer besonderen Hafeninfrastruktur. (Fotos: Walther/NPorts)

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